15/06/2016 Die Farben der Menschenwürde
„(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“
(GG Artikel 1)
Das Grundgesetz legt die Regeln fest, die es uns ermöglichen einigermaßen miteinander auszukommen.
Die Achtung und der Schutz der Menschenwürde steht nicht von ungefähr im ersten Artikel, sondern als zentrales Bild, dem alle verpflichtet sind. Das Lustige an diesem Artikel ist, dass er für alle Menschen gilt. Die, die meinen er bezöge sich nur auf weiße, christliche geprägte Männer irren. Er gilt für Syrer, Muslime, Homsexuelle, Frauen. Er gilt sogar für Wähler und Funktionäre der AfD und der NPD. Wenn sie denn nur anfangen würden, sich daran zu halten.
Was da nicht steht ist, dass man sich qua Geburt, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Parteizugehörigkeit über die Würde anderer Menschen hinwegsetzen kann. Was nicht geht ist das:
oder das
und das schon gar nicht
oder anderes, was in diese Richtung geht. Es geht nicht, weil es fundamental gegen das Grundgesetz und die dort definierten Werte steht.
Der Artikel 22 (2) des gleichen Grundgesetzes legt übrigens folgendes fest
(2) Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber ich bin ein stückweit froh, dass das Grundgesetz so ist, wie es ist. Ich bin froh, dass es für eine offenen und tolerante Gesellschaft steht und deshalb habe ich keine Lust die dort festgelegten Farben denen zu überlassen, die sich gegen die Grundrechte stellen. Schwarz-Rot-Gold sind die Farben des Grundgesetzes und der Menschenwürde. Fussball ist ein Sport, bei dem es darum geht einen Ball in das Tor des Konkurrenten zu befördern. Unter klaren Regeln, mit Fairness und vor allen Dingen Respekt vor dem Anderen. Die Debatte darum, dass man keine Fahnen und Flaggen währen der WM tragen soll kann ich nicht mehr nachvollziehen.
Tragt Schwarz-Rot-Gold, wo immer ihr es für richtig haltet. Es sind die Farben des Artikel 1 GG, die Farben der Menschenwürde. Es sind nicht die Farben von PEGIDA, der AfD oder der NPD, also sollten wir sie denen auch nicht überlassen. Diejenigen, die die Verfassung nicht anerkennen dürfen sich gerne andere Farben suchen. Schwarz und Weiss.
- 4 comments
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Permalink # nutellaberliner said
Also wenn man schon mit dem Grundgesetz argumentiert, sollte man mehr lesen als die Art. 1 I und 22. Dann findet man nämlich die Art. 1 III und 20 III in denen nichts von jedem Menschen, sondern etwas vom Staat steht. Und den spricht das GG an, auch mit Art. 1 I.
“ Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Der staatlichen Gewalt, nicht jedes Menschen.
Genauso:
Art. 1 III GG: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ und
Art. 20 III GG: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“
Es ist mitnichten so, dass das GG jeden Menschen oder jede*n Bürger*in verpflichtet – tut es nicht. Das steht auch nicht ansatzweise im Grundgesetz drin.
Es verpflichtet den Staat gegenüber dem Bürger – nicht die Bürger untereinander.
Als kleiner Denkanstoß, warum das so sein muss: Kauf mal Döner und halte dich an Art 3 I GG in Bezug auf die Dönerstände in der Umgebung…
Ich hielt die Argumentation mit dem GG und der der Fahne zugedachten Bedeutung ja schon für arg dünn und auf einem bloßen Petitum beruhend. So wie hier beruht sie sogar noch auf einer unzutreffenden Auslegung des Grundgesetzes.
Permalink # ReichelS said
In Artikel 1 Absatz 2 ist von einem Bekenntnis des Deutschen Volkes die Rede. Das ist nicht der Staat.
Permalink # ReichelS said
Achso und google mal Drittwirkung von Grundrechten, wenn du schon formaljuristisch unterwegs bist.
Permalink # nutellaberliner said
Stell dir vor, ich kenne sogar die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte und weiß, dass sie bei der Auslegung normaler Gesetze eine Rolle spielen – bei der Auslegung durch Gerichte wohlgemerkt.
Was es nicht gibt und wofür du auch keine Quelle findest, ist die unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten oder gar der Verfassung als Ganze (Art 22 ist ja kein Grundrecht). Die würde nämlich gegen das GG verstoßen. Der Anwendungsbereich ist durch Art. 1 III und 20 III mehr als eindeutig festgelegt. Da ist kein Raum für eine Drittwirkung (außer bei Art. 9 III 2 GG wegen seines speziellen Wortlauts, das ist aber auch strittig).
Hier ist es allgemeinverständlich erklärt: http://www.lexexakt.de/glossar/drittwirkung.php
Art. 1 II wiederum ist die Referenz auf die nach der Verfassungstheorie notwendige Legitimationsquelle einer Verfassung: das Volk. Das ist die Legitimationsquelle der Verfassung und verpflichtet damit den Staat auf die Menschenrechte. Für die Menschen untereinander gelten die einfachen Gesetze.
Wie gesagt: spiel einfach mal durch, dass du dich beim Kauf von Döner an Art. 3 I halten müsstest. Dann merkst du die Absurdität des Gedankens selbst.